Man muss nicht immer wissen, wohin das Schreiben führt. Stimmt schon, in der Schule bringt man uns bei, unsere Gedanken wohl geordnet zu präsentieren - als ob sie so zu uns kommen würden. Als ob wir wirklich so denken würden. Das Schreiben das wir in den Schulen - jedenfalls in den meisten - lernen, bringt eine spröde, farblose, unpersönliche Prosa hervor. Anders als dieser Abend bietet sie gewiss keinen Raum für extravagante Blitze und schon gar nicht in Verbindung mit Wolken, die den Betrachter an Negligees von Carole Lombard erinnern.
Ein derartiger Schreibtstil - das vermeintliche "gute" Schreiben - ist so, als betrachte man einen Film zum zweiten Mal. Wir bewundern die Ausführung, doch die Auflösung entbehrt jeglicher Spannung, sie bewirkt nicht mehr, dass sich uns die Nackenhaare aufstellen, dass wir in Tränen ausbrechen oder den Atem anhalten vor Mitgefühl.
Um das zu erreichen, bedarf es manchmal des "schlechten" Schreibens.
So genanntes schlechtes Schreiben - wenn es gut ist - ist wie eine selbst gebackene Pizza. Manchmal war sie zu lange im Ofen und ist deshalb ein wenig zu knusprig. Manchmal ist sie zu reichlich belegt und deshalb etwas durchgeweicht, aber der starke Geschmack ist trotzdem unverkennbar. Sie hat Aroma. Ist würzig. Saftig.
Und deshalb muss ich, wenn ich ein wirklich guter Schriftsteller sein will, die Bereitschaft haben, schlecht zu schreiben. Ich muss es meinen Gedanken und inneren Bildern gestatten, ebenso unwidersprüchlich zu sein wie der Abend, der draußen vor meinem Fenster seine Feuerwerke abbrennt.
Anders ausgedrückt: Lassen Sie alles zu - selbst kleine Einzelheiten, die Ihnen gerade einfallen. Zum Sortieren ist später noch genug Zeit - falls überhaupt nötig.
Prosa profitiert manchmal von ein wenig reißerischem Flitter. Unterkühlte, sorgfältig glatt gebürstete, nur mit päpstlich genehmigten Ausrufezeichen versehene Texte, wie wir sie in der Schule zu verfertigen gelernt haben, langweilen viele von uns schon beim Schreiben zu Tode. "Wenn du etwas nicht schön formulieren kannst, dann lass es lieber weg", hat man uns beigebracht, und wir haben diese Maxime brav verinnerlicht. Wenn wir uns also die Genehmigung erteilen könnten, "schlecht" zu schreiben, dann würden etliche von uns ausgezeichnete Texte abliefern.
Ein Großteil beim so genannten "guten" Schreiben kommt einfach nicht von Herzen. Es wirkt kühl, kopfgeboren, kalkuliert und kalibriert. Deshalb lese ich gerne Revolverblätter. Klatschzeitungen sind voll von guten "schlechten" Texten. Wie eine Ausgabe eines Dickens-Auftragswerks für das einundzwanzigste Jahrhundert zwingen einen Klatschartikel förmlich zum Lesen.
Die verwickelte, ungebändigte Handlung ist so köstlich wie kalorienhaltiges Eis. Die Schönheiten sind allesamt "atemberaubend". Die Bösewichte "scheußlich". Opfer sind durch die Bank "hilflos" und "unschuldig". Und Mörder sind "Grauen erregend". In den Revolverblättern geht es anders als im wahren Leben immer um einen hohen Einsatz. Liebhaber werden hintergegangen, Ehefrauen betrogen. Verrat lauert hinter jeder Ecke - ebenso wie treue Hunde, die Ertrinkende aus den reißenden Fluten retten.
Die Regenbogenpresse findet weit mehr Leser als die New York Times. Sie schreibt über außersinnliche Wahrnehmungen, Rezepte für sicheren Sex, nach fünzig Jahren wiedervereinigte Zwillinge. Sie berichten von Menschen, die Engel sehen, die von kaum hörbaren Stimmen vor dem sicheren Tod bewahrt wurden, und von Katzen, die aus Treue ganze Kontinente durchqueren.
Ich kaufe meine Klatschzeitungen bevorzugt im Fünferpack. Ich lese nämlich gern fünf verschiedene Versionen zu den Schlagzeilen der Woche. The Globe, National Enquirer - welche trifft den Nagel auf den Kopf? Die kleinen Details verraten alles. Der blutige Fingerabdruck. Der winzige Handschuh. Der Brief, der nach siebenjährigem Herumirren endlich zugestellt wird.
Die Regenbogenpresse liebt Überraschungen - und uns geht es nicht anders. Doch genau diese Überraschungen wurden uns durch die Forderung nach "gutem" Schreiben ausgetrieben.
Ein derartiger Schreibtstil - das vermeintliche "gute" Schreiben - ist so, als betrachte man einen Film zum zweiten Mal. Wir bewundern die Ausführung, doch die Auflösung entbehrt jeglicher Spannung, sie bewirkt nicht mehr, dass sich uns die Nackenhaare aufstellen, dass wir in Tränen ausbrechen oder den Atem anhalten vor Mitgefühl.
Um das zu erreichen, bedarf es manchmal des "schlechten" Schreibens.
So genanntes schlechtes Schreiben - wenn es gut ist - ist wie eine selbst gebackene Pizza. Manchmal war sie zu lange im Ofen und ist deshalb ein wenig zu knusprig. Manchmal ist sie zu reichlich belegt und deshalb etwas durchgeweicht, aber der starke Geschmack ist trotzdem unverkennbar. Sie hat Aroma. Ist würzig. Saftig.
Und deshalb muss ich, wenn ich ein wirklich guter Schriftsteller sein will, die Bereitschaft haben, schlecht zu schreiben. Ich muss es meinen Gedanken und inneren Bildern gestatten, ebenso unwidersprüchlich zu sein wie der Abend, der draußen vor meinem Fenster seine Feuerwerke abbrennt.
Anders ausgedrückt: Lassen Sie alles zu - selbst kleine Einzelheiten, die Ihnen gerade einfallen. Zum Sortieren ist später noch genug Zeit - falls überhaupt nötig.
Prosa profitiert manchmal von ein wenig reißerischem Flitter. Unterkühlte, sorgfältig glatt gebürstete, nur mit päpstlich genehmigten Ausrufezeichen versehene Texte, wie wir sie in der Schule zu verfertigen gelernt haben, langweilen viele von uns schon beim Schreiben zu Tode. "Wenn du etwas nicht schön formulieren kannst, dann lass es lieber weg", hat man uns beigebracht, und wir haben diese Maxime brav verinnerlicht. Wenn wir uns also die Genehmigung erteilen könnten, "schlecht" zu schreiben, dann würden etliche von uns ausgezeichnete Texte abliefern.
Ein Großteil beim so genannten "guten" Schreiben kommt einfach nicht von Herzen. Es wirkt kühl, kopfgeboren, kalkuliert und kalibriert. Deshalb lese ich gerne Revolverblätter. Klatschzeitungen sind voll von guten "schlechten" Texten. Wie eine Ausgabe eines Dickens-Auftragswerks für das einundzwanzigste Jahrhundert zwingen einen Klatschartikel förmlich zum Lesen.
Die verwickelte, ungebändigte Handlung ist so köstlich wie kalorienhaltiges Eis. Die Schönheiten sind allesamt "atemberaubend". Die Bösewichte "scheußlich". Opfer sind durch die Bank "hilflos" und "unschuldig". Und Mörder sind "Grauen erregend". In den Revolverblättern geht es anders als im wahren Leben immer um einen hohen Einsatz. Liebhaber werden hintergegangen, Ehefrauen betrogen. Verrat lauert hinter jeder Ecke - ebenso wie treue Hunde, die Ertrinkende aus den reißenden Fluten retten.
Die Regenbogenpresse findet weit mehr Leser als die New York Times. Sie schreibt über außersinnliche Wahrnehmungen, Rezepte für sicheren Sex, nach fünzig Jahren wiedervereinigte Zwillinge. Sie berichten von Menschen, die Engel sehen, die von kaum hörbaren Stimmen vor dem sicheren Tod bewahrt wurden, und von Katzen, die aus Treue ganze Kontinente durchqueren.
Ich kaufe meine Klatschzeitungen bevorzugt im Fünferpack. Ich lese nämlich gern fünf verschiedene Versionen zu den Schlagzeilen der Woche. The Globe, National Enquirer - welche trifft den Nagel auf den Kopf? Die kleinen Details verraten alles. Der blutige Fingerabdruck. Der winzige Handschuh. Der Brief, der nach siebenjährigem Herumirren endlich zugestellt wird.
Die Regenbogenpresse liebt Überraschungen - und uns geht es nicht anders. Doch genau diese Überraschungen wurden uns durch die Forderung nach "gutem" Schreiben ausgetrieben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen