Montag, 16. März 2009

Interview mit Nico Rosberg

Rosberg: "Ich brauch bald ein Top-Auto"

Nico, haben Sie das durchwachsene letzte Jahr abgehakt?
Nico Rosberg:
"Das letzte Jahr war ein sehr gemischtes. Es gab auch schöne Momente, die für mich und das Team sehr wichtig waren. Aber ich möchte das Jahr jetzt komplett abhaken. Die Situation ist jetzt eine ganz neue. Wir müssen wirklich angreifen, und ich hoffe, dass viel mehr herauskommt als 2008."

Kommen Ihnen und dem Williams-Team die neuen Reglements dabei zugute?
Rosberg:
"Auf jeden Fall ist das die Chance schlechthin für Williams, weil alle Teams bei Null anfangen. Eine viel bessere Chance kriegen wir nicht, das müssen wir ausnutzen. Wenn man jahrelang versucht, mit Blick auf die Top-Teams wie Ferrari und McLaren aufzuholen, dann guckt man natürlich Sachen ab usw. Aber man ist immer einen Schritt zurück. Jetzt aber geht es nicht mehr darum, andere Teams zu kopieren. Es ist ein komplett neues System, so, als würde man nach Jahren statt eines Zweirads plötzlich ein Dreirad konzipieren. Nun ist die große Chance da, mit eigenen kreativen Ideen die Entwicklung zu pushen. Du musst erfinderisch sein, die Grauzonen im Reglement ausnutzen, und das ist eine gigantische Chance."

Gehen wir ins Detail: Wie steht es um die Aerodynamik im neuen Williams, und wie stehen Sie zu KERS und Slicks?
Rosberg:
"Über die Jahre hat sich das Aerodynamikpaket bei Williams sehr gut entwickelt. Es sind sehr starke Leute dazugekommen, die immer mehr Einfluss haben, auch auf das Auto 2009. Ich glaube daran, dass die die Fähigkeit haben, ein tolles aerodynamisches Auto hinzustellen. Ich freue mich insgesamt auf die Saison, weil alles ein bisschen durch gemischt wird. Viele neue Knöpfe sind da, die ich betätigen darf. Das KER-System ist ja wie ein Boost auf der Geraden. Und mit Slicks macht es auch mehr Spaß zu fahren. Ich glaube, insgesamt wird es ein gutes Jahr für uns alle."

Verändern sich die Herausforderungen an die Fahrer 2009 dadurch erheblich?
Rosberg:
"Der Fahrerjob bleibt sehr ähnlich. Man muss halt ein paar neue Sachen lernen. Vielleicht kann man ein bisschen mehr Überholen, das wäre toll für den Sport und für die Zuschauer. Es ist ein bisschen komplizierter geworden im Cockpit. Du hast viel mehr Knöpfe, die du jede Runde drücken musst."

Ist das Rennfahren gegenüber damals von den Anforderungen her eigentlich einfacher geworden?
Rosberg:
"In Monaco war die Menge der Schaltvorgänge früher unglaublich. Teilweise hatten die Fahrer danach blutige Hände. Aber heute sind die Bedingungen teilweise genauso hart. Wenn wir etwa in Singapur knapp zwei Stunden Rennen fahren, ist das von der Hitze her eine phänomenale physische Arbeit. Würde das jemand zuhause simulieren, würde er direkt ohnmächtig werden. Für uns Fahrer ist das auch nur durch das Adrenalin während des Rennens möglich."

Was sind Ihre realistischen Ziele in dieser Saison?
Rosberg:
"2007 war das beste Jahr bis jetzt mit Platz fünf in der Konstrukteurs- und Platz neun in der Fahrerwertung. Da möchte ich mich steigern, vielleicht ein paar Positionen hochkommen."

Für Ihre weitere Karriere ist die neue Saison nach dem eher verkorksten Vorjahr immens wichtig…
Rosberg:
"Der nächste Schritt ist sehr wichtig für mich. Ich möchte Erfolg haben in dem Sport, das ist mein Ziel. Dadurch muss ich gucken, dass ich bald in ein Top-Auto komme. Es ist die Chance da, dass ich ein Top-Auto schon in diesem Jahr habe, wer weiß. Wenn nicht, muss ich gucken, dass ich eines kriege für 2010, hoffentlich weiter bei Williams. Wenn nicht, muss ich halt woanders schauen."

Heidfeld startklar für die neue Saison

Jedes Kilo zählt: Heidfeld will zum WM-Schwergewicht werden

Nick Heidfeld hat abgenommen, doch in der Formel 1 will er endlich zum Schwergewicht werden. Vor seiner zehnten Saison in der Königsklasse geht der 31 Jahre alte BMW-Sauber-Pilot erstmals von einer aussichtsreichen Position ins Titelrennen. Sein neuer F1.09 ist schnell und zuverlässig, und der um drei Kilo erleichterte Heidfeld so fit wie nie.

2009 ist seine erste und möglicherweise letzte WM-Chance. Als Last empfindet er die Situation nicht. "Ich schätze mich so ein, dass ich mit Druck überhaupt kein Problem habe", beschreibt sich Heidfeld. Er glaube, er sei in der glücklichen Position, mental sehr stark zu sein. "Und es ist ja nicht so, dass alle Welt schreibt, BMW wird und muss dieses Jahr Weltmeister werden."

Das sieht sein Arbeitgeber womöglich anders. Die BMW-"Roadmap" sieht im vierten Jahr Formel 1 in Eigenregie den Kampf um beide Titel vor. Durch den vielversprechenden Eindruck bei den Testfahrten im Winter haben BMW-Sauber und Heidfeld die Rolle des Mitfavoriten bestätigt. Doch der dienstälteste der fünf deutschen Formel-1-Piloten warnt vor voreiligen Schlüssen: "Wir wissen nicht, was die anderen machen."

Heidfeld kommen die umfassenden Neuerungen und Regeländerungen in diesem Jahr entgegen. Wegen des bis zu 35 Kilogramm schweren KERS (Kinetic Energy Recovery System), des Energierückgewinnungssystems, bei dem der Pilot auf Knopfdruck kurzfristig zusätzlich 82 PS entfesselt, kann jedes Gramm des Fahrers Gewicht haben. Mit bisher 62 Kilogramm war Heidfeld ohnehin schon ein Fliegengewicht hinter dem Steuer. Jetzt bringt er rund 59 Kilogramm auf die Waage. Möglich wurde dies auch durch die seit diesem Jahr geltenden Beschränkungen der Tests auf 20 Tage. Die Restriktionen verschafften ihm mehr freie Zeit. Fitness statt Fahren, Körper statt Cockpit, hieß das für ihn.

Dass der mit 1,67 Metern zweitkleinste Formel-1-Fahrer auch in der am 29. März in Melbourne beginnende Saison überhaupt eine feste BMW- Größe ist, war vor einigen Monaten alles andere als sicher. 2008 war eines der schwierigsten Jahre seiner ohnehin wechselhaften Karriere. Dabei sieht seine Bilanz gut aus: 60 Punkte, vier Podestplätze und als WM-Sechster bester Deutscher. Doch schwerer wog: Heidfeld kam mit dem Wagen nicht zurecht. Sein polnischer Teamkollege Robert Kubica raste ihm davon, durfte in Montreal den ersten Grand-Prix-Sieg für das Team einfahren und kämpfte lange mit um die WM.

Die Folge: BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen zögerte mit einem neuen Vertrag. Heidfeld musste zum x-ten Mal gegen Zweifel anderer kämpfen. Und zum x-ten Mal überwand er mit Beharrlichkeit und Geduld die Krise. "Es hat ja doch einige Rennen gedauert", gesteht er. "Auf der anderen Seite hat es mir gezeigt, dass es der richtige Weg war, den ich eingeschlagen habe, um die Probleme zu lösen. Ich habe sie ja gelöst." Mental habe ihn die Erfahrung aber nicht zum besseren Fahrer gemacht: "Denn ich glaube, die mentale Stärke habe ich schon häufiger und auch in der letzten Saison bewiesen."