Mittwoch, 18. März 2009

Regel-Revolution

Neue Regeln könnten Ruf ruinieren

Die Regel-Revolution des Weltverbands liefert der Formel 1 kurz vor dem Saisonstart viel Stoff für neuen Streit. "Der größte Schock in ihrer Geschichte" habe die Motorsport-Königsklasse erwischt, urteilte die britische Tageszeitung 'The Times'. Umstritten ist vor allem die freiwillige Budgetgrenze, die nach dem Weltrats-Beschluss des Internationalen Automobilverbands FIA von 2010 an gelten sollen.

Teams, die mit maximal 33 Millionen Euro Jahresetat auskommen, werden demnach mit technischen Vorteilen belohnt. "Das birgt das Risiko, dass das Wesen der Formel 1 auf den Kopf gestellt wird", warnte der Präsident der Teamvereinigung FOTA, Luca di Montezemolo.

Urheber der neuen Bestimmungen ist FIA-Chef Max Mosley. Formel-1- Chef Bernie Ecclestone gab Grünes Licht. Doch vor allem für die in der Rennserie engagierten Autobauer, die bislang deutlich größere Summen investierten, dürften die mit der Budgetgrenze verbundenen Vorteile für Außenseiter-Teams ein Schlag ins Gesicht sein. "Dies könnte den Ruf der Formel 1 beschädigen, die Grenzen von Sport und Wissenschaft zu überschreiten", befand der 'Daily Telegraph'.

Experten stellten sofort infrage, ob die auf das schillernde Hightech-Image der Formel 1 bedachten Auto-Hersteller überhaupt bereit seien, künftig in einer Low-Budget-Version mitzufahren.

Radikale Budgetgrenze stiftet Verwirrung

Der Plan der FIA sieht vor, den Rennställen mit Mini-Etat große Freiheiten bei der Aerodynamik und bei der Motorenleistung zu gewähren. Teams, die weiterhin mit größeren Budgets operieren wollen, bleiben diese Vorteile im Rahmen des bis 2012 geltenden Regelwerks untersagt. Schnell nahm das Gerücht Formen an, es handle sich vor allem um einen politischen Winkelzug des 'Altherren-Duos' Mosley und Ecclestone, um einen Keil in die FOTA zu treiben. Hatten sich doch die Teams jüngst inmitten der Krise einig wie nie zuvor gezeigt und auf mehr Mitsprache bei Regelwerk und Verteilung der Einnahmen gedrängt.

Das Manöver scheint Erfolg zu haben. Zwar äußerte Ferrari-Chef di Montezomolo im Namen der Vereinigung FOTA heftige Kritik. Doch nach Informationen der 'Times' stößt die radikale Budgetgrenze gerade bei kleineren Rennställen durchaus auf Wohlwollen. Auch potenzielle Neueinsteiger wie das US-Projekt USGPE könnten sich auf Mosleys Seite schlagen. "Der Erfolg wird zu dem Team mit den besten Ideen kommen, nicht zu dem mit dem meisten Geld", verteidigte der FIA-Chef seinen Vorstoß.

Doch noch sind viele Fragen offen. Ist die Etatgrenze im teuren PS-Spektakel nicht zu niedrig gewählt? Wie ist ihre Einhaltung überhaupt zu kontrollieren? Welche Ausnahmen sind erlaubt? Viel Zündstoff für eine Saison, die ohnehin schon ein Krisenjahr für die Formel 1 ist. Für FOTA-Chef di Montezomolo ein Streit zur Unzeit: "Gerade in diesen schwierigen Zeiten müssen wir alles für einen stabilen Regelrahmen tun, ohne ständige Unruhe, die verwirrend für Autobauer, Teams, die Öffentlichkeit und die Sponsoren ist."

Reaktionen auf die neue Regel

Fans sauer: Quatsch & Schwachsinn

Nur Sieger werden Weltmeister: Auf diese einfache Formel hat der Automobil-Weltverband FIA die Zukunft der ’Königsklasse’ gebracht. In Paris ließ die FIA die Bombe nach ihrer Sitzung platzen, woraufhin bei den Formel-1-Fans der Kragen platzte. Mehr als 70 Prozent der sport.de-User (Stand Mittwoch 10 Uhr) halten die neue Regel für Quatsch. Nur knapp 30 Prozent sind von der Idee begeistert. Das Ergebnis spiegelt sich in den Meinungen wieder, die unsere User zum Thema geäußert haben.

Gähnend langweiliges Saisonfinale?

Jamsven beispielsweise hält die Regel für “totalen Schwachsinn. Ich kann nur hoffen, dass in der F1 ein Fahrer dominiert und somit nach 9 Rennen schon als Weltmeister feststeht. 8 Rennen ohne Spannung wäre dann das dicke Eigentor.“ Mark teilt diese Meinung: “Ist doch ein schlechter Witz, jetzt kann man z.B. mit 6 Siegen und sonst nur Ausfällen Weltmeister werden im Gegensatz zu jemanden, der 5 Siege und 12 zweite Plätze hat? Oder einer gewinnt die ersten 9 Rennen und kann dann Urlaub machen, häää???“

Die meisten Fans machen sich darüber Sorgen, dass durch die neue Regel die Spannung verloren geht und womöglich nicht der verdiente Weltmeister am Saisonende gekürt wird. Padi: "Das ist der größte Mist, den ich mir nur vorstellen kann. Das macht die Formel 1 nicht spannender, sondern viel langweiliger. Ein spannendes Finalrennen wie in den letzten beiden Jahren ist somit nur noch möglich, wenn 2 Fahrer bis dahin gleich viele Siegen haben. Es wird keine drei freudestrahlenden Fahrer mehr auf dem Podium geben.“

Werdern Fahrer zu Pistenrowdys?

Auch User Oelk kann den Sinn der FIA-Entscheidung nicht nachvollziehen. “Die Formel 1 war immer ein Sport, in dem Zuverlässigkeit groß geschrieben werden musste. Das Ziel war das schnellste zuverlässige Auto zu bauen, und nicht eines, das zwar dominant war, aber jedes 2. Rennen durch mechanische Probleme liegengeblieben ist.“ Dass sich zudem die Strategie der F1-Piloten dadurch ändert, vermutet Elli: “Da fährt man doch nur noch ohne Taktik und brutal. Das bringt doch nix!“

Andere Fans empfinden die Revolution als schlechten Scherz der FIA und können nur mit dem Kopf schütteln. Horst Recht: “Das ist der größte Quatsch, den sich die Formel 1 je hat einfallen lassen.“ Ebenso Sebastian Schott: “Herzlichen Glückwunsch an die FIA. Mit dieser Regel geht meiner Meinung nach der ganze Reiz an der Formel 1 verloren.“

Es gibt sogar Fans, die sich wegen der Regeländerung von der Formel 1 abwenden. Horner: Die Formel 1 gibt’s nicht mehr, die ist gestorben. Und Andreas sagt: “Ich hab mich bis heute so sehr wie noch nie auf die neue F1-Saison gefreut, aber diese Freude ist jetzt vollkommen verflogen.“

“Endlich wieder Spannung“

Befürworter der neuen Regel schätzen, dass genau dadurch die Spannung in die Formel 1 zurückkehrt. “Dann hört endlich das Hintereinanderherfahren auf. Bisher war die Devise ’Lieber nehme ich 3 Punkte mit, als auszufallen und es wird hinterhergefahren“, findet Jürgen. Dem stimmt Ramone zu. “Die letzten Jahre war’s doch eigentlich nur noch langweilig. Kaum gute Überholmanöver mehr und es ging eigentlich auch um nix mehr auf der Strecke.

Auch Martin Huber freut sich auf die Saison: “Gute Entscheidung! Das wird die Formel 1 wieder spannend machen. Es werden nicht die Weltmeister, die am besten rechnen, sondern die, die am besten fahren. Zugegeben, das Unfallrisiko steigt dann wieder, aber das gehört zum Geschäft.“

Heidfeld mag neue Regel nicht

Bei BMW-Sauber-Pilot Nick Heidfeld hat die neue Regel für die WM-Vergabe an den Formel-1-Fahrer mit den meisten Saisonsiegen keine Jubelstimmung hervorgerufen. "Das ist Geschmackssache, aber mein Geschmack ist das nicht", sagte Heidfeld. "Ich fand die alte Regel besser. Mit Punkten ist das nachvollziehbarer. Wir haben nicht ein Rennen, sondern 17 oder 18. Da sollte am Ende der gewinnen, der konstant vorne ist."

Der Automobil-Weltverband FIA hatte am Dienstag beschlossen, dass für den WM-Titel nicht mehr die Punkte, sondern nur die Zahl der Siege relevant ist. Erst wenn zwei oder mehr Fahrer am Ende gleichviele Siege auf dem Konto haben, geben die Punkte den Ausschlag. Nach der Meinung des Mönchengladbachers, der in der am 29. März in Melbourne beginnenden Saision nicht nur seinen ersten Sieg, sondern den Titel anpeilt, waren die ersten Plätze "ohnehin schon überproportional dargestellt".

"Das ist sinnlos"

Für noch mehr Unverständnis sorgt bei dem 30-Jährigen die Tatsache, dass ab dem zweiten Platz der WM-Wertung dann wieder die Punktewertung maßgeblich ist. "Das finde ich sinnlos. Es sollte es eine gleiche Bemessungsgrundlage für alle geben, aber keinen Mischmasch", meinte er.

Meine Meinung:

Ich kann nur hoffen, dass die Idee, die hinter dieser Regeländerung steckt, funktioniert. Theoretisch gibt es die Möglichkeit, dass der neue Weltmeister schon recht früh feststehen könnte und somit wäre die richtige Spannung nicht mehr gegeben. Weltmeister sollte jemand werden, der konstant über die Saison vorne mitfährt. Vielleicht hätte man das Punktesystem ändern sollen, denn es kann ein Fahrer in der Wertung führen, auch wenn er noch kein Rennen gewonnen hat, dafür aber immer Zweiter oder Dritter geworden ist.

Ob es dadurch mehr Überholmanöver geben wird, wage ich zu bezweifeln. Wenn ein Fahrer die Chance hat, Punkte einzufahren, kann ich die Überlegung verstehen, dass man den Vorderman nicht mehr angreift, sondern lieber die Punkte nach Hause fährt. Mit dieser neuen Regel könnte ich mir auch die Überlegung vorstellen, "Mmmh, da ist ja jemand vor mir, der schon ein Rennen gewonnen hat, bevor der noch ein Rennen gewinnt, "versuche" ich mal vorbeizukommen und schupse ihn - natürlich nicht mit Absicht - von der Piste."

Momentan sehe ich diese neue Regel also eher skeptisch ...