Donnerstag, 22. Oktober 2009

So läuft die FIA-Wahl ab

So läuft die Wahl ab

Der FIA-Präsident wird im ersten Wahlgang durch eine absolute Mehrheit bestimmt. Erreicht einer der beiden Kandidaten bei der Vollversammlung des Internationalen Automobilverbandes FIA am Freitag in Paris nicht 50 Prozent + 1 der Stimmen, reicht im zweiten Durchgang eine einfache Mehrheit. Die Wahl erfolgt durch Abgabe geheimer Stimmzettel. Jeder Delegierte wird sein Votum unter der Oberaufsicht eines offiziellen französischen Gerichtsangehörigen (Huissier de Justice) in die dafür vorgesehene Box stecken.

Die Stimmzettel werden von der FIA-Rechtsabteilung ausgezählt. Mit dabei sind Beobachter, die von den beiden Kandidaten vorgeschlagen und von der Generalversammlung bestätigt werden müssen. Die Box mit den Stimmzetteln wird zwölf Monate lang von dem Gerichtsangehörigen aufbewahrt.

Die Generalversammlung setzt sich aus den Repräsentanten der Mitgliedsclubs zusammen. Jeder Club, der nicht in der Lage ist, einen Abgeordneten nach Paris zu entsenden, kann sich von einem anderen vertreten lassen. Briefwahl ist nicht erlaubt. Stimmberechtigt sind nur Vollmitglieder der FIA.

Jeder Mitgliedsklub, der im Bereich Motorsport und im Bereich Mobilität vertreten ist, hat zwei Stimmen. Entsprechend hat nur ein Votum abzugeben, wer nur in einer der beiden Sparten des Dachverbandes vertreten ist.

Portrait Jean Todt

Der General: 'Napoleon' Jean Todt

Der General: 'Napoleon' Jean Todt
Liiert mit einem Bond-Girl, erfolgreichster Ferrari- Teamchef, Spitzname 'Der General': Jean Todt, geboren im französischen Pierrefort und ehemaliger Rallye-Copilot, kennt die Motorsportszene in- und auswendig. Seit 1966 ist er dabei. Seine beste und titelträchtigste Zeit erlebte der Absolvent der 'School of Economics and Business' in Paris mit Ferrari. Rekordweltmeister Michael Schumacher ist ihm zum guten Freund und Helfer im Wahlkampf um die FIA-Präsidentschaft geworden.

Vor der Ferrari-Blütezeit mit dem Trio Todt, Schumacher und Ross Brawn hatte Todt auch schon einen eigenen Rennstall. Mit dem Rallye-Team Peugeot Talbot Sport holte der mittlerweile 63-Jährige je zweimal die Konstrukteurs- und die Fahrerweltmeisterschaft sowie vier Siege bei der berüchtigten Paris-Dakar. 1993 folgte der auch 'Napoleon' genannte kleine Franzose dem Ruf aus Maranello und wurde Generalmanager der Rennabteilung von Ferrari. 2004 dann der Aufstieg zum Generaldirektor, von 2006 an war Todt sogar Ferrari- Geschäftsführer. 98 Grand-Prix-Siege und 13 WM-Titel heimste die Scuderia unter Todts Aufsicht ein.

"Jean Todt war eine der prägenden Persönlichkeiten in der Ferrari-Geschichte der vergangenen 15 Jahr"», urteilte Ferrari-Chef Luca di Montezemolo. Im März des vergangenen Jahres endete die Arbeitsbeziehung Ferrari/Todt: Er gab alle Ämter auf. Privat ist der Präsidentschaftskandidat, Vater des Fahrer-Managers und Rennstall-Besitzers Nicolas Todt, mit der Schauspielerin Michelle Yeoh liiert.

Todt, Sohn polnischer Einwanderer, war bereits zu seiner Rallye-Zeit von 1975 bis 1981 Vertreter der Piloten in der entsprechenden Kommission des damaligen Dachverbandes. Seit einiger Zeit engagiert sich der Franzose bei der FIA für Umweltschutz und Programme zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr. "Auf ihn kann man sich in allen Bereichen verlassen, in denen die FIA aktiv ist", sagte Verbandschef Max Mosley, der sich Todt als Nachfolger wünscht.

Portrait Ari Vatanen

Sportlicher Politiker: Ari Vatanen

Sportlicher Politiker: Ari VatanenFoto: dpa
Rallye-Weltmeister, viermaliger Dakar-Gewinner, EU- Parlamentarier: Dem Finnen Ari Vatanen sind weder Motorsport noch Politik fremd. In der Formel 1 hat Vatanen in den vergangenen Wochen viele Drähte geknüpft. Sein Auftreten wirkt höflich, seine Kritik an der der aktuellen Politik des Internationalen Automobilverbands FIA mit Noch-Präsident Max Mosley ist aber bestimmt und scharf. Vatanen will einen Wechsel und für einen Neuanfang an der Spitze der 'Federation Internationale d'Automobile' stehen.

Vatanen stammt aus dem finnischen Ort Tuupovaara. Mit seiner Frau Rita ist der Vater von vier Kindern aber längst in Frankreich ebenso zu Hause wie in seiner Heimat. Im Europäischen Parlament gehört Vatanen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischen Demokraten an.

Seit 1999 gehört er dem Plenum mittlerweile an, damals noch als Mitglied der finnischen Partei Kansallinen Kokoomus. 2004 wurde er dann in Frankreich für die Union Mouvement Populaire gewählt. "Der Kandidat Ari Vatanen empfiehlt sich mit seiner Erfahrung in der Politik. Im Europaparlament machte er sich einen Namen als Fürsprecher der Mobilität in all ihren Belangen", hieß es in einem öffentlichen Werbeschreiben großer FIA-Mitgliedsverbände, darunter auch der deutsche ADAC. Als Vorstandsmitglied einer FIA-Stiftung ist Vatanen mit dem Dachverband außerdem vertraut.

Sportlich machte der Finne in der Rallye-Weltmeisterschaft und bei der berühmten Dakar von sich reden. Viermal gewann er die härteste Rallye der Welt (1987, 1989, 1990 und 1991). Weltmeister wurde Vatanen bereits 1981.

Seinen Kritikern, die ihm einen unsauberen Wahlkampf vorwerfen, entgegnete der 57-Jährige: "Ich habe da wohl mit Wandel, Demokratie und Transparenz das falsche Thema angesprochen. Diejenigen, die vor dieser Wahl in der FIA tätig waren, scheinen es als persönlichen Affront zu betrachten. Dies ist Wahlkampftaktik der alten Schule ­ wirkt aber immer!"

FIA-Wahl: General gegen Politiker

FIA-Wahl: General gegen Politiker

FIA-Wahl: General gegen Politiker Foto: dpa
'General' Jean Todt genießt die Unterstützung von Pele, Michael Schumacher und Bernie Ecclestone, Gegenkandidat Ari Vatanen setzt auf den "Obama-Faktor": Nach einem wochenlangen, teilweise mit harten Bandagen geführten Wahlkampf entscheidet sich an diesem Freitag, wer künftig an der Spitze des Internationalen Automobilverbandes FIA steht. Ex-Ferrari-Teamchef Todt konkurriert mit dem EU-Parlamentarier und ehemaligen finnischen Rallye-Weltmeister Vatanen um die Nachfolge des nach 18 Jahren Präsidentschaft nicht mehr antretenden, zuletzt stark umstrittenen Max Mosley.

"Man könnte es eine Mini-Revolution nennen - zurück zu den Wurzeln", sagte Vatanen. "Wir müssen unser Haus wieder in Ordnung bringen. Meine Rolle ist es, eine Alternative zu dem anzubieten, wie die Dinge jetzt laufen." Sein klares Ziel: Raus aus den Negativ- Schlagzeilen, welche die zahlreichen Skandale und Endlos-Diskussionen um Budgetobergrenzen mit Drohgebärden von beiden Seiten in der Formel 1 verursacht haben. Das Motto: Die Macht den Mitgliedern, "nicht nach Paris. Paris muss den Clubs ein Diener sein, nicht umgekehrt. Es ist eine historische Chance für die Clubs", sagte Vatanen.

Bei einer Wahl Todts fürchten manche, dass mehr oder weniger alles so weiterlaufen würde wie bisher. Doch der Franzose stellte fest: "Die FIA muss sich erneuern und durch Innovation, Vortrefflichkeit und Teamwork können wir den Bedürfnissen unserer Mitglieder und den Herausforderungen der kommenden Jahre viel besser Rechnung tragen." In ihren Befürchtungen bestärkt werden die Kritiker allerdings, weil Mosley Todt in aller Deutlichkeit dessen finnischem Konkurrenten vorzieht. Vatanen unterstellte gar, dass die FIA die Kampagne des Gegenkandidaten mitfinanziere.

Beide, Todt und Vatanen, haben jeweils einen Deutschen in petto. "Zum ersten Mal seit vielen Jahren gibt es die Gelegenheit für einen Neustart", sagte ADAC-Motorsportpräsident Hermann Tomczyk. Er soll FIA-Vizepräsident Motorsport unter Vatanen werden. Seit 2005 ist der Rosenheimer auch schon Vize im Mosley-Kabinett, gehörte aber mit dem ADAC zu den scharfen Kritikern des 69-jährigen Briten nach der Sexvideo-Affäre im vergangenen Jahr.

1Foto: dpa
Todt hat den AvD-Präsidenten Rudolf Graf von der Schulenburg als Senatsmitglied auf der Liste. Als Fürsprecher ließ er aber vor allem weltweit bekannte Sportler, Funktionäre und sogar Filmschaffende wie den berühmten französischen Regisseur Luc Besson zu Wort kommen. Neben Formel-1-Geschäftsführer Ecclestone engagierte sich auch Rekordchampion Schumacher als Wahlkämpfer.

"Ich kann mir niemand vorstellen, der fähiger und engagierter wäre, unseren Sport zu verbessern als Jean Todt", ließ Schumacher verlauten. Unter der Teamleitung seines guten Freundes holte der siebenmalige Champion bei Ferrari fünf Fahrertitel. Auch Brasiliens Fußball-Legende Pele erlaubte sich einen Einwurf in Richtung Todt: "Ich kenne dich und deine Arbeit, als Autofahrer, gelegentlicher Sportler und ehemaliger Sportminister meines Landes stehe ich zu Dir."

Vatanens Wille, die kleinen Verbände zu fördern, rührt aus seiner Biografie. "Da ich aus Finnland komme, weiß ich, was es heißt, in so einer Position zu sein, zum Beispiel im Europäischen Parlament, in dem Finnland im Gegensatz zur Größe nur eine kleine Bevölkerung im Vergleich zu anderen Ländern hat", sagte der seit 1999 dem EU- Parlament angehörige Politiker und wählte den Slogan: "Together we can" (Gemeinsam können wir es). Seine - eigenen Angaben nach - erfolgreiche Aufholjagd verglich er zudem mit dem Wettrennen Barack Obamas in der innerparteilichen Ausscheidung gegen Hillary Clinton im US-Wahlkampf. "So etwas geht auch in kleineren Wahlen, und das ist Obama-mäßig, was da gerade passiert", wurde Vatanen, der viermal die Dakar-Rallye gewann und einmal Weltmeister wurde, im 'Guardian' zitiert.

Gewählt ist, wer nach dem ersten Durchgang von den stimmberechtigten Mitgliedern der insgesamt 221 Organisationen aus 132 Ländern die absolute Mehrheit bekommt. Trifft das weder auf den 63- jährigen Todt noch auf den rund sechs Jahre jüngeren Vatanen zu, entscheidet in einem zweiten Wahlgang die einfache Mehrheit.