Last Farewell: Abschied von Silverstone
Dabei ist Silverstone der Geburtsort der Formel 1. Am 13. Mai 1950 fand in der mittelenglischen Provinz erstmals ein Rennen der Königsklasse statt. Erster Sieger war der Italiener Giuseppe Farina in einem Alfa Romeo.
Ganz unbescheiden haben die Besitzer ihren Circuit als "Home of British Motor Racing" bezeichnet. Im Umkreis von Silverstone haben zahlreiche Teams ihre Werke. Der Kurs selbst genießt unter Fahrern Kultstatus. Die 5,141 Kilometer lange Strecke ist ein Hochgeschwindigkeits-Kurs, die Kurven-Kombination Maggotts-Becketts-Chapels gehört zu den aufregendsten Abschnitten im Formel-1-Zirkus. Sie sei "die größte Herausforderung von allen Grand-Prix-Strecken", meinte der schottische Ex-Pilot David Coulthard, der 1999 und 2000 gewann.
Für die Formel-1-Fans stellte Silverstone stets auch eine Geduldsprobe dar. Die kilometerlangen Staus bei der Anreise gehörten jedes Jahr zum gewohnten Bild, die Parkplätze verwandelten sich nach Regenfällen in Schlammwüsten.
F1-Konflikt: Einigung oder Totalschaden
Der Dauerkonflikt überschattet nicht nur die Abschiedsvorstellung von Silverstone (14.00 Uhr MESZ/ auf RTL und im Live-Stream auf sport.de) als Formel-1-Standort. Selbst die Siegesserie des neuen britischen PS-Heros Jenson Button von Brawn GP und sein erster Auftritt in seiner Heimat als WM-Spitzenreiter drohen hinter dem Kampf um Millionen und Macht zu verblassen.
Mittlerweile sind auch die Piloten beunruhigt über den Dauer- Konflikt. "Ich habe langsam das Gefühl, dass es der Formel 1 wirklich schadet", meinte BMW-Sauber-Fahrer Nick Heidfeld. Sein Williams-Kollege Nico Rosberg hat Zweifel an einer schneller Einigung zwischen FIA und FOTA wegen des geplanten Budgetlimits von 45 Millionen Euro: "Ich habe immer gedacht, die Formel 1 wird einen Weg finden. Sie haben es bisher immer gemeistert. Aber jetzt bin ich unsicher."
Lokalheld Button hielt sich hingegen mit Äußerungen zurück: "Wir sind nicht bei den Gesprächen dabei. Da wäre es nicht angemessen, das zu kommentieren. Das würde in der derzeitigen Situation nicht helfen." Toyota-Fahrer Timo Glock hat sein eigenes Rezept: "Ich mache seit vier oder fünf Wochen das Internet nicht mehr an." Ähnlich sieht es Red-Bull-Hoffnungsträger Sebastian Vettel: "Ich konzentriere mich aufs Fahren."
Immerhin: Die noch Anfang der Woche scheinbar unversöhnlichen Streitparteien FIA und FOTA signalisierten endlich Kompromissbereitschaft. Es wird auch Zeit. Bis Freitag, 19.00 Uhr MESZ, will die FIA die endgültige Starterliste für 2010 bekanntgeben. Wer dann nicht aufgeführt ist, ist raus aus dem schnellsten Kreisverkehr. Die Rebellen-Teams Ferrari, McLaren-Mercedes, Brawn GP, BMW-Sauber, Renault, Red Bull, Toro Rosso und Toyota drohen mit ihrem Ausstieg und einer Piratenserie. Sie lehnen die von der FIA für 2010 beschlossene freiwillige Budgetobergrenze ab.
In dem Konflikt gibt es schon jetzt nur Verlierer. Dabei haben alle Seiten das selbe Ziel: die Kosten sollen runter. Doch über den Weg sind sie sich uneins. Inzwischen ist aus dem Konflikt ein Machtkampf geworden zwischen Mosley sowie FOTA- und Ferrari-Chef Luca di Montezemolo - beide gelten als selbstherrlich und machtbewusst.
Für die Fahrer stellt sich vor dem 8. von 17 Saisonläufen in England nicht mehr die Frage, für welches Team sie im kommenden Jahr antreten, sondern ob sie unter der FIA oder der FOTA starten. Er wolle da fahren, "wo ich die härteste und beste Konkurrenz, die besten Teams und die besten Fahrer erwarte. Das ist immer das Ziel. Das ist das, wofür die Formel 1 steht", sagte Heidfeld.
Rosberg, dessen Team Williams sich vorbehaltlos für 2010 in der Formel 1 eingetragen hat, betonte den besonderen Wert der Piloten. "Besonders die Fahrernamen sind wichtig für den Sport. Die Fahrer, die jetzt da vorne unterwegs sind, ein Hamilton, ein Button und so weiter. Das sind fast die Wichtigsten für die Fans für die Attraktivität des Sports", sagte er.
Lauda beschimpft Mosley und di Montezemolo als "Wahnsinnige"
"Die ganze Diskussion verursacht den größten Schaden, der je für die Formel 1 entstanden ist", sagt der dreimalige Weltmeister Niki Lauda der 'Bild'. Der Österreicher macht Mosley und Ferrari-Boss Luca di Montezemolo schonungslos für die verfahrene Situation verantwortlich: "Es ist jetzt ein persönlicher Kampf zweier Egozentriker. Wenn sie sich nicht einigen, gehören sie aus diesem Sport ausradiert. Dann haben beide keine Zukunft mehr."
Lauda lässt kein gutes Haar am Automobil-Weltverband FIA und der Teamvereinigung FOTA. "Würde man eine Firma so wie die FOTA oder die FIA führen, wäre sie sofort in Konkurs", sagt der Ex-Rennfahrer und Airline-Chef. Der Österreicher appelliert an beide Parteien, endlich zur Vernunft zu kommen, denn eine Piratenserie sei keine Lösung. In einer Formel 1 ohne Ferrari wäre laut Lauda der Glanz weg: "Es gibt jetzt schon zu viele Strecken in Ländern, wo sich niemand für die Formel 1 interessiert."
Grundsätzlich sei man sich ja einig, die Kosten müssten gesenkt werden, meint Lauda. Dass dies nicht auf einen Schlag gemacht werden könne, sei völlig klar, ansonsten müssten sofort Hunderte von Leuten entlassen werden. Deshalb fordert Lauda von Mosley und Montezemolo: "Werdet endlich vernünftig, werft eure Selbstherrlichkeit über Bord und richtet nicht noch mehr Schaden an."
Lauda kann Ferrari nicht verstehen: "Sie haben über Jahre von der FIA profitiert und bekommen mehr Geld als jedes andere Team." So sollen Sonderverträge den Italienern bis 2012 Mehreinnahmen von bis zu 100 Millionen Euro garantieren. Im Gegenzug hat sich die Scuderia verpflichtet, bis 2012 in der Formel-1-WM zu bleiben. Diesen Vertrag will Ferrari brechen, weil Mosley seine Garantien ebenfalls nicht einhalten will.
Lauda ist empört: "Sie zerstören den Sport, dabei wollen alle das Gleiche: Formel 1 muss günstiger werden. Man muss diese beiden Wahnsinnigen stoppen. Das Ganze ist einfach abscheulich." Für den Österreicher ist die Lage absurd, das Theater könnte noch Monate andauern und sich sogar zuspitzen.