Ich bin heute zum Schreiben nicht in der richtigen Stimmung. Meine Gedanken sind aus dem Ruder gelaufen und sträuben sich. Ich fühle mich träge und reizbar. Ich will nicht schreiben. Mein Informationslieferant fühlt sich an wie der aus den Fugen geratene Körper eines Athleten. Der Einzige, der gut im Training ist, ist mein innerer Zensor.
Es spielt keine Rolle, dass ich seit dreißig Jahre ununterbrochen schreibe. Heute fragt mich mein innerer Zensor allen Ernstes: "Was weißt du denn schon über das Schreiben?" Eines weiß ich jedenfalls ganz gewiss: Man muss in keiner bestimmten Stimmung sein, um etwas zu Papier zu bringen.
Der Drang zum Schreiben ist ein menschlicher Primärinstinkt: der Wunsch, Dinge zu benennen, zu ordnen und auf diese Weise in gewissem Sinn Kontrolle über unsere damit verbundenen Erfahrungen zu erlangen. Der Drang zum Schreiben, die Urfreude, die wir als Kinder empfanden, als wir erst die Buchstaben lernten, aus denen sich unser Name zusammensetzt, und dann die Wörter, aus denen sich unsere Welt ergibt, ist verschüttet unter den Errungenschaften unseres rasenden, elektronischen, telefonbesessenen Zeitalters.
Die E-Mail ist eine Erfindung, die wieder ein gewisses Gleichgewicht schafft. E-Mails sind populär, weil die Menschen einfach gerne schreiben. Weil mailen zudem unmittelbar ist, hilft es den Leuten, ihren inneren Zensor auszutricksen. Mailen ist kein "echtes Schreiben". Es ist formloser, verschroben und erfinderisch. Es ist irgendwie ungezogen und anarchistisch wie die verbotenen Zettelchen damals in der Schule.
E-Mails verführen uns zum Schreiben, weil es auf einer von Autoritäten freien Plattform geschieht. Wir dürfen eilig abgefasste, knappe Notizen abschicken, mitten im begonnenen Gedanken abbrechen, Dinge sagen wie "Ich melde mich später noch mal bei dir". E-Mails gestatten uns Intimität ohne Förmlichkeit. Kein Wunder also, dass sie sich so großer Beliebthei erfreuen. Endlich können wir uns der Ketten entledigen.
Wenn wir um das Schreiben ein großes Aufhebens machen, dann lässt es sich schwer bewerkstelligen. Falls wir feststellen, dass das Schreiben - ohne dass wir es wollen - bereits zu einer großen Sache aufgelaufen ist, dann müssen wir lernen zu verhandeln. Ich nutze bei meinen Verhandlungen Bestechungen: "Schreib zwanzig Minuten, und dann kannst du hinterher die Dokumentation über Henry Miller angucken".
Elisabeth, eine Schriftstellerin und außerdem Lektorin bei einem Kinderbuchverlag, verhandelt, indem sie alles in winzige, machbare Schritte zerlegt. "Wenn ich nicht in der richtigen Stimmung bin, um mich einem neuen Projekt zu stellen, dann sage ich zu mir: "Mach nur den Computer an und schreib einen Absatz. Weiter nichts". Hat Elisabeth dann ihren einen Absatz geschrieben, gesellt sich nicht selten wie von allein ein zweiter und dritter hinzu, und ein Stück Arbeit ist geschafft, weil sie sich mit dem Trick, sich nur ganz wenig abzuverlangen, dazu überlistet hat.
"Damit will ich nicht behaupten, dass der Teil von mir, der schreibt, dumm ist, aber er lässt sich leicht zum Narren halten und bestechen", sagt sie lachend. "Ich verspreche ihm, "Nur zehn Minuten, Liebling", und dann sind es auf einmal vierzig.
"Aber ich verwöhne mein Schriftsteller-Ich auch. Ich mache ihm heiße Schokolade, oder kaufe ihm wirklich hübsche Briefmarken für die Briefe, die es fabrizieren soll. Im Wesentlichen versuche ich zu erreichen, dass Schreiben sich leicht machbar und alltäglich anfühlt."
Es spielt keine Rolle, dass ich seit dreißig Jahre ununterbrochen schreibe. Heute fragt mich mein innerer Zensor allen Ernstes: "Was weißt du denn schon über das Schreiben?" Eines weiß ich jedenfalls ganz gewiss: Man muss in keiner bestimmten Stimmung sein, um etwas zu Papier zu bringen.
Der Drang zum Schreiben ist ein menschlicher Primärinstinkt: der Wunsch, Dinge zu benennen, zu ordnen und auf diese Weise in gewissem Sinn Kontrolle über unsere damit verbundenen Erfahrungen zu erlangen. Der Drang zum Schreiben, die Urfreude, die wir als Kinder empfanden, als wir erst die Buchstaben lernten, aus denen sich unser Name zusammensetzt, und dann die Wörter, aus denen sich unsere Welt ergibt, ist verschüttet unter den Errungenschaften unseres rasenden, elektronischen, telefonbesessenen Zeitalters.
Die E-Mail ist eine Erfindung, die wieder ein gewisses Gleichgewicht schafft. E-Mails sind populär, weil die Menschen einfach gerne schreiben. Weil mailen zudem unmittelbar ist, hilft es den Leuten, ihren inneren Zensor auszutricksen. Mailen ist kein "echtes Schreiben". Es ist formloser, verschroben und erfinderisch. Es ist irgendwie ungezogen und anarchistisch wie die verbotenen Zettelchen damals in der Schule.
E-Mails verführen uns zum Schreiben, weil es auf einer von Autoritäten freien Plattform geschieht. Wir dürfen eilig abgefasste, knappe Notizen abschicken, mitten im begonnenen Gedanken abbrechen, Dinge sagen wie "Ich melde mich später noch mal bei dir". E-Mails gestatten uns Intimität ohne Förmlichkeit. Kein Wunder also, dass sie sich so großer Beliebthei erfreuen. Endlich können wir uns der Ketten entledigen.
Wenn wir um das Schreiben ein großes Aufhebens machen, dann lässt es sich schwer bewerkstelligen. Falls wir feststellen, dass das Schreiben - ohne dass wir es wollen - bereits zu einer großen Sache aufgelaufen ist, dann müssen wir lernen zu verhandeln. Ich nutze bei meinen Verhandlungen Bestechungen: "Schreib zwanzig Minuten, und dann kannst du hinterher die Dokumentation über Henry Miller angucken".
Elisabeth, eine Schriftstellerin und außerdem Lektorin bei einem Kinderbuchverlag, verhandelt, indem sie alles in winzige, machbare Schritte zerlegt. "Wenn ich nicht in der richtigen Stimmung bin, um mich einem neuen Projekt zu stellen, dann sage ich zu mir: "Mach nur den Computer an und schreib einen Absatz. Weiter nichts". Hat Elisabeth dann ihren einen Absatz geschrieben, gesellt sich nicht selten wie von allein ein zweiter und dritter hinzu, und ein Stück Arbeit ist geschafft, weil sie sich mit dem Trick, sich nur ganz wenig abzuverlangen, dazu überlistet hat.
"Damit will ich nicht behaupten, dass der Teil von mir, der schreibt, dumm ist, aber er lässt sich leicht zum Narren halten und bestechen", sagt sie lachend. "Ich verspreche ihm, "Nur zehn Minuten, Liebling", und dann sind es auf einmal vierzig.
"Aber ich verwöhne mein Schriftsteller-Ich auch. Ich mache ihm heiße Schokolade, oder kaufe ihm wirklich hübsche Briefmarken für die Briefe, die es fabrizieren soll. Im Wesentlichen versuche ich zu erreichen, dass Schreiben sich leicht machbar und alltäglich anfühlt."
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