Sonntag, 28. Juni 2009

Ela in München (Teil 8)

Was verbindet man mit München bzw. Bayern im Allgemeinen? Genau. Biergärten.

Als Biergarten (auch Bierkeller) bezeichnet man einen besonderen Typ einer Gartenwirtschaft. Der Ursprung dieser Einrichtungen (im klassischen Sinne) ist in Bayern zu finden. Häufig wird der Begriff „Biergarten“ auch generell für gastronomische Einrichtungen im Freien verwendet.

Charakteristisch für einen traditionellen bayrischen Biergarten ist der Ausschank von Bier sowie das Recht des Gastes, auch selbst mitgebrachte Speisen verzehren zu dürfen, wenn er auf das angebotene - meist auch - deftige Essen verzichten will. Weiterhin sind Bäume und Holzbestuhlung Kennzeichen eines Biergartens, idealerweise gehören auch eine Kiesfläche und Bänke (Biergarnitur) dazu.

„Der typische bayerische Biergarten ist eine Gaststätte bzw. der im Freien gelegene Teil einer solchen, deren Betrieb im wesentlichen auf Schönwetterperioden während der warmen Jahreszeit beschränkt ist. Das Erfordernis des Gartencharakters verlangt eine Situierung des Betriebs im Grünen, jedenfalls im Freien. Das Idealbild des Biergartens ermöglicht, unter großen Bäumen im Schatten zu sitzen. Insoweit bestehende Defizite können durch kleinere Anpflanzungen innerhalb der Anlage nur beschränkt kompensiert werden. Der Gartencharakter wird entweder durch eine auf dem Betriebsgelände selbst in erheblichem Umfang vorhandene Bepflanzung oder durch eine in der Umgebung in erheblichem Umfang vorhandene Bepflanzung bestimmt. Entscheidend ist das Gesamtbild der Anlage.“ Auszug aus der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999


Entstehung

Biergärten entstanden in Bayern im 19. Jahrhundert in München, als vorwiegend untergäriges Bier getrunken wurde. Dieses konnte nur in den kalten Monaten hergestellt werden, da die Gärung bei Temperaturen zwischen vier und acht Grad erfolgen musste. Ein entsprechendes Dekret von König Ludwig I. regelte die Brauzeiten. Damit auch im Sommer dieses Bier ausgeschenkt werden konnte, legten größere Münchner Bierbrauer in den Flusshängen der Isar tiefe Bierkeller an, in denen man mittels im Winter eingebrachtem Eis in der Lage war, das gebraute Bier entsprechend ganzjährig kühl zu halten. Um die Durchschnittstemperatur des Lagers weiter zu senken, wurden Kastanien gepflanzt, die mit ihrem dichten Blätterwerk im Sommer guten Schatten boten und auf dem Boden des Hangs Kies gestreut. Allgemein wird angenommen, dass die Leute einen großen Maßkrug mitbrachten, um das gekaufte Bier mit nach Hause zu nehmen. In den heißen Sommermonaten wurde das Bier jedoch oft bereits direkt vor Ort getrunken. Von diesen Kellerbiergärten sind heute der Paulaner am Nockherberg sowie der Hofbräukeller erhalten. Die Keller von Bürgerbräukeller und Franziskaner bilden heute die Tiefgaragen der Motorama- und Franziskanerhof-Komplexe; die zugehörigen Biergärten existieren nicht mehr.

Der nächste Schritt erfolgte bald und neben der reinen Lagerung wurden die Bierkeller bald auch für den Ausschank genutzt, indem man einfache Bänke und Tische unter die Bäume stellte. Dies führte dazu, dass diese Plätze bald ein beliebtes Ausflugsziel der Münchner wurden, sehr zum Verdruss der kleineren, in München verbliebenen Bierbrauer. Um der zunehmenden Abwanderung von Gästen entgegenzuwirken, traten diese an Ludwig I heran, der verfügte, dass die um München herumliegenden Bierkeller zwar weiterhin den Ausschank betreiben, dort jedoch keine Mahlzeiten servieren durften. Jeder, der dort essen wollte, musste die dafür notwendige Brotzeit nunmehr selbst mitbringen.

Diese Verfügung ist inzwischen zwar nicht mehr gültig, so dass es möglich ist, z. B. an entsprechenden Ständen etwas zum Essen zu kaufen oder sich etwas servieren zu lassen, jedoch ist es weiterhin Tradition, seine eigene Brotzeit mitzubringen.

„Kennzeichnend für den bayerischen Biergarten im Sinne der Verordnung sind vor allem zwei Merkmale: der Gartencharakter und die traditionelle Betriebsform, speziell die Möglichkeit, dort auch die mitgebrachte, eigene Brotzeit unentgeltlich verzehren zu können, was ihn von sonstigen Außengaststätten unterscheidet.“ Auszug aus der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999

Bedeutung

In diesem „geschützten“ Bereich können sich alle Gesellschaftsschichten ungezwungen treffen, alle Nationalitäten, Einheimische wie Touristen, ältere und jüngere Menschen. In den traditionellen Biergärten dürfen auch heute noch eigene Nahrungsmittel mitgebracht werden, lediglich die Getränke müssen an der Schänke erworben werden – also ist auch für weniger begüterte Gesellschaftsgruppen eine Teilnahme an diesem gesellschaftlichen Leben möglich. Kommunikation und Vergnügen sind die wohl wesentlichen Elemente eines Biergartenbesuchs (neben dem Genuss des Hopfengetränks). Spielplätze für Kinder helfen, dass die gesamte Familie sich unkompliziert im Biergarten aufhalten kann. Krawall und Stress werden von so gut wie allen Besuchern nicht geschätzt, also entstehen diese auch nur in seltenen Ausnahmefällen (und werden ggf. sehr schnell durch Ordnungskräfte beendet). Wohl einzigartig für gastronomische Einrichtungen ist, dass es für die meisten Besucher selbstverständlich ist, auch völlig unbekannten Tischnachbarn zuzuprosten und sich mit diesen oft auch intensiv zu unterhalten. Damit entsteht eine tatsächliche klassenüberschreitende Kommunikation, die letztlich auch dem elementaren friedlichen Zusammensein höchst inhomogener Menschengruppen nützt (übersehen wird oft, dass München schon immer eine Stadt der Zuwanderer war – weit über die Hälfte der heutigen Bevölkerung sind Nicht-Münchner und Nicht-Bayern).

„Biergärten erfüllen wichtige soziale und kommunikative Funktionen, weil sie seit jeher beliebter Treffpunkt breiter Schichten der Bevölkerung sind und ein ungezwungenes, soziale Unterschiede überwindendes Miteinander ermöglichen. Die Geselligkeit und das Zusammensein im Freien wirken Vereinsamungserscheinungen im Alltag entgegen. Sie sind vor allem für die Verdichtungsräume ein ideales und unersetzliches Nahziel zur Freizeitgestaltung im Grünen. Sie sind regelmäßig gut zu erreichen und bieten gerade Besuchern mit niedrigem Einkommen und Familien, insbesondere durch die Möglichkeit zum Verzehr mitgebrachter Speisen, eine erschwingliche Gelegenheit zum Einkehren.“ Auszug aus der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999

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