Der Englische Garten ist eine 4,17 km² große Grünanlage im Münchner Nordosten am Westufer der Isar und gehört damit zu den größten Parkanlagen der Welt. Die Bezeichnung rührt von den Englischen Landschaftsgärten her, die von Friedrich Ludwig von Sckell bei der Gestaltung des Geländes zum Vorbild genommen wurden.
Der Münchner Englische Garten zählte zu den ersten großen kontinentaleuropäischen Parkanlagen, die von jedermann betreten werden durften. Als einer der weiträumigsten innerstädtischen Parkanlagen der Welt (größer als der Central Park in New York oder der Hyde Park in London, kleiner als der Stockholmer Nationalstadtpark) erfreut sich der Englische Garten sowohl bei den Münchnern als auch bei den Touristen großer Beliebtheit.
Der Isarring, eine Hauptverkehrsstraße, zerschneidet den Englischen Garten seit 1935 in einen etwa zwei Kilometer langen Süd- und einen etwa drei Kilometer langen Nordteil, der Hirschau genannt wird.
Geschichte
Als 1777 der bayerische Kurfürst kinderlos starb, fiel das Land an den pfälzischen Kurfürsten Carl Theodor. Nachdem Theodors Versuch, das ungeliebte Erbe gegen die Niederlande einzutauschen, scheiterte, widmete er sich der Umgestaltung Münchens. Unter anderem ließ er im Hofgarten eine Gemäldegalerie eröffnen und machte Hofgarten und Galerie der Öffentlichkeit zugänglich.
Im Februar 1789 verfügte Carl Theodor, bei jeder Garnisonsstadt der bayerischen Armee Militärgärten anzulegen. Die Gärten sollten den Soldaten landwirtschaftliche Fähigkeiten vermitteln und Gelegenheit zur Erholung bieten, aber sie sollten auch der Allgemeinheit zugänglich sein. Die Anregung dazu stammte von dem in Massachusetts geborenen bayerischen Kriegsminister Benjamin Thompson (seit 1792 Reichsgraf von Rumford). Als Standort für die Münchner Gärten war das westliche „Hirschangergebiet“, die heutige Schönfeldwiese im Südwesten des Englischen Gartens vorgesehen. Im Juli wurde mit der Verwirklichung des Vorhabens begonnen
Im August 1789 erließ Carl Theodor ein Dekret, nachdem das Gebiet östlich der Militärgärten in den ersten europäischen Volkspark umgewandelt werden sollte. Die Ausführung wurde dem Schwetzinger Hofgärtner Friedrich Ludwig von Sckell (seit 1808 Ritter von Sckell) übertragen, die Oberaufsicht behielt Benjamin Thompson. Der Volkspark trug zunächst den Namen „Theodors Park“, doch schon bald setzte sich der Begriff „Englischer Garten“ durch. Im Frühjahr 1792 wurde der Park für die damals rund 40.000 Münchner Bürger geöffnet.
1798 verließ Thompson München, sein Nachfolger wurde Freiherr von Werneck. Im Dezember 1799 wurde der Englische Garten um Gebiete der Hirschau erweitert, im Januar 1800 kam das Gelände der mittlerweile aufgelösten Militärgärten hinzu. 1804 wurde Sckell von Maximilian I. Joseph (Bayern), dem Nachfolger Theodors, zum Leiter der neu geschaffenen bayerischen Hofgärtenintendanz ernannt. In dieser Funktion prägte er bis zu seinem Tod 1823 das Bild des heutigen Englischen Gartens wesentlich.
Parkteile und Gewässer
Hirschau
Die Bezeichnung Hirschau geht auf den früheren Wildreichtum der Isarauen nördlich der Stadt zurück. Schon 1613 zeigt eine Karte von Vollckmer äsende Hirsche im Gebiet des späteren Englischen Gartens. Die Hirschau wurde von 1798 bis 1804 als Fortsetzung des Englischen Gartens bis zum Aumeister angelegt. Der Name Hirschau ist seit 1808 auf den Stadtkarten eingetragen, davor, zum Beispiel 1712, wurde sie auch „Hirschanger“ genannt.
Im Gegensatz zum stark besuchten südlichen Teil des Englischen Gartens hat die Hirschau den Charakter eines ruhigen Stadtwaldes.
Um die Wende zum 20. Jahrhundert war dieser Teil des Englischen Gartens trotz seines auch damals vorherrschenden wäldlichen Charakters industriell geprägt. Hier befanden sich die Lokomotivfabrik Maffei mit eigenem Gleisanschluss und ein Wasserkraftwerk, dessen Gebäude erhalten ist.
Am Stauwehr Oberföhring können Fußgänger die Isar überqueren und nach Oberföhring gelangen. Am Nord- und am Südende der Hirschau befinden sich die Biergärten Aumeister und Hirschau.
Kleinhesseloher See
Unmittelbar südlich des Isarrings, der die Hirschau vom südlichen Teil des Englischen Gartens trennt, liegt der künstlich angelegte Kleinhesseloher See.
Bauwerke
Rumfordhaus
Das Rumfordhaus, auch Rumfordschlössl oder seltener Rumfordsaal genannt (48° 9′ 14″ N, 11° 35′ 30″ O48.15388888888911.591666666667 ), ist ein klassizistisches Gebäude im Südwesten des Gartens und wurde nach dem Reichsgrafen von Rumford, Sir Benjamin Thompson, benannt.
1791 (ein Jahr vor der Öffnung des Englischen Gartens für die Münchner Bürger) wurde das Rumfordhaus nach einem Entwurf von Baptist Lechner erbaut. Es diente zuerst als Offizierskasino und wurde später für höfische Zwecke genutzt. Der Spiegelsaal diente für glanzvolle Abendessen mit bis 150 Gästen.[1]
Das verfallene Gebäude wurde nach dem zweiten Weltkrieg renoviert. 1966 übernahm es der Kreisjugendring und machte daraus ein Freizeitheim für Kinder und Jugendliche. Seit 1972 gibt es eine Vorschule und einen offenen Jugendtreff. Ab 1986 wurde ein Schwerpunkt auf Umweltpädagogik für Schulklassen u. a. gelegt. Heute ist es unter dem Namen Natur- und Kulturtreff bekannt.[2]
Chinesischer Turm
Der 25 Meter hohe Holzbau (48° 9′ 9″ N, 11° 35′ 32″ O48.152511.5921 ) wurde 1789/1790 nach einem Entwurf von Joseph Frey von Johann Baptist Lechner errichtet.
Vorbild für den Chinesischen Turm war die doppelt so hohe „Große Pagode“ im königlichen Schlossgarten Kew Gardens in London, die sich wiederum an einer Porzellanpagode in den Gärten eines chinesischen Kaisers orientierte. Der Chinesische Turm brannte mehrfach ab, zuletzt im Juli 1944 nach Bombenangriffen. Er wurde aber stets originalgetreu wieder aufgebaut, zuletzt 1952. Am Chinesischen Turm befindet sich der mit 7.000 Sitzplätzen zweitgrößte Biergarten Münchens. In der Adventszeit wird hier ein kleiner Christkindlmarkt abgehalten. Seit 1989 findet hier wieder jedes Jahr der Kocherlball statt.
Nahe dem Chinesischen Turm steht ein beliebtes Kinderkarussell im Stil der Biedermeierzeit, das bei schönem Wetter geöffnet ist. Hier drehen sich auf einem Innen- und einem Außenkreis Kutschen, Wagen und Schlitten und 20 holzgeschnitzte Tiere unter der Musik einer Walzenorgel oder eines Polyphons; gemalt und ausgesägt finden sich unter anderem Kinderbuchfiguren, Berufe, Münchner Originale und bayerische Trachten (1913 vom Schwabinger Malermeister und Dekorationsmaler August Julier eröffnet, der es dort anstelle eines schlichteren Karussells von um 1850/60 errichtete; bis 1977 im Besitz der Familie Julier, 1977 an die Bayer. Verwaltung der staatl. Schlösser, Gärten und Seen verkauft, Restaurierung 1979 bis 1981. Genaueres in „Karussells in München“ von Florian Dering im Bayerischen Jahrbuch für Volkskunde 1983/84, Institut für Volkskunde München).
Südlich des Turms befinden sich die „Ökonomiegebäude“, die Ende des 18. Jahrhunderts zunächst als landwirtschaftlicher Musterbetrieb konzipiert wurden. Heute ist in den Gebäuden die Verwaltung des Englischen Gartens untergebracht.
Monopteros
Bereits Friedrich Ludwig Sckell hatte 1807 ein Pantheon vorgeschlagen. Es sollte der Ehrung bayrischer Persönlichkeiten dienen und in einem in der Art eines Heiligen Haines gestalteten Waldstücks liegen. Sein Enkel, Carl August Sckell, nahm die ästhetisch anspruchsvolle Idee auf und trug sie dem König Ludwig I. vor.
1831 wurde der Beschluss zum Bau eines Rundtempels, eines Monopteros', gefasst, ein Jahr später mit den Arbeiten begonnen. Zuerst wurde auf dem ursprünglich flachen Gelände ein 15 Meter hohes Fundament aus Backstein geschaffen. Carl August Sckell gestaltete den im Laufe mehrerer Jahre aufgeschütteten Hügel. Der etwa 16 Meter hohe Rundtempel im griechischen Stil wurde nach einem Entwurf von Leo von Klenze errichtet. 1836 war das Bauwerk fertiggestellt, der Hügel wurde teilweise bepflanzt. Der Monopteros wurde mehrfach restauriert, zuerst 1898, dann, zur Beseitigung der Kriegsschäden von 1944, in den Jahren 1952/1953 sowie 1980–1982. Die der Innenstadtseite zugewandte Böschung des Hügels wurde ebenfalls bepflanzt, wodurch der Tempel heute seine Funktion als Blickfang etwas eingebüßt hat.
Zwischen dem Monopteros und dem Japanischen Teehaus liegt die Schönfeldwiese. Die seit den 1960er Jahren hier übliche Freikörperkultur erregte bei den Zeitgenossen Aufsehen und trug – wie auch der Monopteros als Treffpunkt von Hippies und Gammlern – dazu bei, den Englischen Garten über die Grenzen Münchens als Symbol der Weltoffenheit hinaus bekannt werden zu lassen.
Japanisches Teehaus
Anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1972 und der seitdem bestehenden Städtepartnerschaft mit Sapporo, dem Austragungsort der Winterspiele, wurden am Südende des Englischen Gartens gleich hinter dem Haus der Kunst auf einer 1969 errichteten kleinen Insel im dort zu einem kleinen See ausgeweiteten Schwabinger Bach ein japanisches Teehaus und ein japanischer Garten erschaffen.
2008 wurde das Dach neu mit Holz eingedeckt.
Im Teehaus findet regelmäßig die traditionelle japanische Teezeremonie statt. Jedes Jahr im Sommer findet auch ein „Japanfest“ statt.
Statistik
- Länge des Wegenetzes im Englischen Garten: 78 km
- davon Reitwege: 12 km
- Länge der Bäche: 8,5 km
- Brücken und Stege: über 100
- brütende Vogelarten: über 50
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