Sonntag, 19. April 2009

Vettel holt ersten Sieg für Red Bull

Vettel holt ersten Sieg für Red Bull

Erst bei der Siegerehrung machte Sebastian Vettel einen Fehler: Beim Versuch den Pokal zu stemmen, verletzte sich der Red-Bull-Pilot am Daumen. Die Schnittverletzung musste er zunächst per Daumenlutschen stoppen. Zuvor war Vettel in den Regenfluten von Schanghai jedoch hellwach gewesen: 56 Runden behielt der 21-Jährige unter schwierigsten Bedingungen den Durchblick und siegte vor seinem Teamkollegen Mark Webber. Brawn-GP-Pilot Jenson Button musste sich nach zwei Erfolgen im dritten Saison-Rennen mit Platzen 3 begnügen.

"Yes, das ist ein Traum. Es war so schwierig", jubelte Vettel, der am Tag zuvor trotz technischer Probleme auf die Pole Position gerast war. Der Erfolg war der erste Grand-Prix-Sieg für seinen Rennstall. "Unglaublich. Er hat das brillant gemacht", lobte Red-Bull-Teamchef Christian Horner den Triumphator, der in der WM-Gesamtwertung hinter Button (21 Punkte) und dessen Stallgefährten Rubens Barrichello (15), in Schanghai Vierter, mit zehn Punkten auf Rang 3 kletterte. Nach den zwei überlegenen Siegen von Australien und Malaysia waren die 'Brawnies' in Schanghai sogar mit dem legalisierten Doppel-Diffusor chancenlos gegen die noch ohne diese Unterboden-Lösung fahrenden Red Bull.

Start hinter dem Safety-Car

Hinter dem McLaren-Mercedes-Duo Heikki Kovalainen und Lewis Hamilton sammelte auch der aus der Boxengasse gestartete Timo Glock als Siebter noch zwei WM-Punkte. Bei seiner ungestümen Aufholjagd schubste der Toyota-Pilot aber Landsmann Nick Heidfeld im BMW Sauber hart beiseite und musste sich später eine neue Frontpartie für seinen Rennwagen abholen. Heidfeld blieb am Ende als Zwölfter ebenso wie Nico Rosberg im Williams, der 15. wurde, ohne Punkte. Adrian Sutil verpasste die Punkte- Premiere für seinen Force-India-Rennstall, als er in der 51. Runde auf Platz sechs liegend die Kontrolle über sein Auto verlor und von der Strecke flog.

In einem turbulenten Rennen mit zwei Saftey-Car-Phasen und mehreren spektakulären Unfällen und Abflügen stellte Vettel wie schon bei seinem ersten GP-Erfolg in der vergangenen Saison in Monza sein Ausnahmekönnen im Regen eindrucksvoll unter Beweis. Die Renn-Kommissare hatten angesichts des Dauerregens einen Start hinter dem Safety-Car verfügt. Nach 8 Runden Schleichfahrt verteidigte Vettel beim fliegenden Start souverän seine Führung vor Teamkollege Webber, Button und Barrichello.

Kubica rasiert Trulli

Der nach dem Qualifying zweitplatzierte Fernando Alonso im Renault hatte ebenso wie Rosberg und Sutil bereits während der Safety-Car-Phase die Box zum Nachtanken und Reifenwechseln angesteuert, alle drei waren dadurch ans Ende des Feldes zurückgefallen. An der Spitze setzten sich Vettel und Webber kontinuierlich von den beiden Brawn-GP-Piloten ab, die in Runde 10 nach einem Fahrfehler von Barrichello die Plätze tauschten.

Die ersten regulären Stopps des Führungsduos warfen Webber in Umlauf 15 zunächst auf Platz 6 und Vettel eine Runde später auf Rang 3 zurück. Aufregung dann erneut in Runde 18: Robert Kubica krachte ins Heck von Jarno Trulli und rasierte dem Toyota-Piloten dabei den kompletten Heckflügel weg. Das bedeutete das Aus für Trulli und die nächste Safety-Car-Phase. Brawn-GP reagierte blitzschnell und holte seine Piloten Button und Barrichello zu einem ersten vorgezogenen Service an die Box.

Spannendes Duell um Platz 2

Nach der erneuten Freigabe des Rennens in Runde 22 lag Vettel wieder in Front - vor Button und Webber. Während es Vettel schnell gelang wieder mehrere Sekunden Vorsprung herauszufahren, lieferten sich Button und Webber rundenlang einen spannenden Zweikampf. Nach einem Ausrutscher von Button in Umlauf 29 erbte Webber zunächst wieder Platz 2, bevor ihm zwei Runden später ebenfalls ein Fehler unterlief und er wieder hinter den Brawn-GP-Pilot zurückfiel. Nur eine Runde später konterte Webber erneut und schob sich auf der Außenbahn endgültig an Button vorbei.

Erneutes Debakel für Ferrari

Das spektakuläre Überholmanöver bescherte Webber beim zweiten regulären Stopp seines Stallgefährten in Runde 37 sogar die Spitze. Vettel fiel kurzzeitig auf Rang 3 hinter Button zurück, wartete aber nicht bis zu dessem zweiten Stopp, sondern kassierte den Konkurrenten in Umlauf 41 ebenfalls auf der Strecke und übernahm damit wieder die Führung, die er bis ins Ziel nicht mehr abgab.

Ein erneutes Debakel erlebte Ferrari. Vize-Champion Felipe Massa schied mit defektem Auto vorzeitig aus, Kimi Räikkönen verpasste als Zehnter die Punkte. Die Scuderia hat damit vor dem vierten Saisonrennen in Bahrain am kommenden Sonntag noch immer keinen WM-Zähler auf dem Konto. Dem ebenfalls ins Wanken geratenen Ex-Branchenführer McLaren-Mercedes gelang mit Platz 5 und 6 zumindest Schadensbegrenzung. "Mehr geht derzeit nicht - das muss sich ändern", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug und gratulierte Vettel artig "für ein makelloses Rennen - Hut ab".

Vettel: "Ich freue mich riesig"

Sebastian Vettel (Red Bull): “Mit dem Safety Car zu beginnen, war die richtige Entscheidung. Ich wusste, wir hatten die kurze Strategie, wir mussten pushen zu Beginn des Rennens, das hat geklappt. Aber es war schwierig, denn es gab viel Aquaplaning auf der Strecke. Ich freue mich riesig, zum 2. Mal im Regen einen GP gewonnen zu haben, jetzt darf es gerne weiter regnen. Wir hatten mit der Zuverlässigkeit ein paar Probleme, das haben wir über Nacht hinbekommen, das spricht für die Kompetenz des Teams. Zehn Runden vor dem Ende habe ich schon aufgepasst, dass der Abstand zu Mark gleich blieb und alles unter Kontrolle zu halten. Irgendwann habe ich nur noch versucht, das Auto nach Hause zu bringen. Doch dann dachte ich mir, dann bist du nicht mehr konzentriert, also habe ich wieder angegriffen. Ich habe mich am Pokal während der Siegerehrung aufgeschnitten, ich wollte hin hochstemmen, da ist er mir abgerutscht, weil er so nass war.“

Mark Webber (Red Bull): “Unser Team hat schon viel mitgemacht, es ist uns viel durch die Finger geglitten. Aber jetzt haben wir ein gutes Auto. Und dann ein solches Ergebnis, das entschädigt für vieles. Für mich ist es das beste Ergebnis meiner Karriere.“

Jenson Button (Brawn GP): “Jeder hatte heute zu kämpfen mit dem Aquaplaning. Das waren eigentlich verrückte Bedingungen, vor allem in der letzten Kurve. Da stand ein See. Es war ein schwieriges Rennen, in jeder Runde hattest du Angst, du fliegst ab. Da ist Ankommen schon ein gutes Ergebnis. Gegen die beiden konnten wir nicht anstehen. Wir hatten Probleme mit den Reifen, vielleicht stimmte es mit der Abstimmung mit dem Auto nicht. Da müssen wir dran arbeiten, denn zu oft dürfen wir die beiden hier nicht vorne fahren lassen.“

Glock: "Es war ein reiner Blindflug"

Timo Glock (Toyota): “Ich bin aus der Box gestartet, weil wir gestern einen Wetterbericht hatten, der erst relativ spät den Regen angekündigt hat, doch heute Morgen haben wir gesehen, dass der Regen viel früher kam. Da haben wir uns entschieden, das Auto vollzutanken und aus der Box zu starten. Es war ein reiner Blindflug und wir hatten viel Aquaplaning.“

Nick Heidfeld (BMW Sauber): “Er hat mich hinten berührt, ich habe mich gedreht, und habe viele Plätze verloren. Aus meiner Sicht war er der Schuldige, er hat sich bei mir entschuldigt, aber das ist wurscht, bei diesen Bedingungen konnte eh keiner was sehen (zum Unfall mit Glock, Anm. d. Red.). Es war deutlich schlimmer als in Malaysia, ich hätte das Rennen nicht gestartet. Ich bin überrascht, dass nicht mehr passiert ist. Bei uns wird es leider von Rennen zu Rennen schlechter, deshalb hatte ich auf nasse Bedingungen gehofft, denn da müssen wir punkten. Ich hoffe auf Barcelona, da bringen wir unser großes Aerodynamik-Paket an den Start, aber zum Europa-GP rüsten ja alle auf.“

Nico Rosberg (Williams): “Ich hatte zwei große Probleme: 1. das Visier, bei dem die Regentropfen auch bei 300 km/h kleben bleiben, und ich habe nichts gesehen. Das war das erste Mal, dass ich mir überlegt habe, das Auto einfach abzustellen. Für mich gab es Abschnitte, da muss ich sagen, dass wir besser nicht gefahren wären. Ich denke, es war am Limit. 2. Intermediates: Wenn es weniger geregnet hätte, wäre es gut gegangen, aber es hat mehr geregnet, also bin ich nach hinten durchgereicht worden.“

Christian Horner (Teamchef Red Bull): “Es war ein fantastisches Rennen des ganzen Teams, ich bin wahnsinnig stolz auf das ganze Team. Sebastian hat keine Fehler gemacht, er hat einen unglaublich guten Job gemacht. Wir haben hier heute mit einem Einzel-Diffusor gewonnen. Bald haben wir den Doppel-Diffusor. Ich denke, mit unseren WM-Chancen sieht es dann ganz gut aus."

Ross Brawn (Teamchef Brawn GP): “Großartige Leistung von Sebastian, er hat nichts falsch gemacht unter schwierigen Bedingungen. Im 1. Stint konnten wir Sebastian nicht einholen, das war schon entscheidend.“

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