Montag, 20. April 2009

Schlechter Saisonstart für BMW und Ferrari

BMW: Nerven liegen blank - aber keine Aufgabe

Nick Heidfeld fuhr chancenlos hinterher und wurde fast von einem herumfliegenden Rad getroffen, Robert Kubica konnte nur bei seinem spektakulären Crash Höhenluft schnuppern - BMW ist nach dem Desaster von Shanghai in der Titel-Krise. Statt wie geplant um die Weltmeisterschaft zu kämpfen, liegt Heidfeld auf WM-Platz sieben und sieht kein Licht am Ende des Tunnels.

"Wir werden von Rennen zu Rennen schlechter", schimpfte "Quick Nick": "Abschreiben will ich uns noch nicht, aber es wird mit jedem Rennen schwerer, unsere Ziele zu erreichen. Wir wollten schließlich um den Titel kämpfen." Auch der glückliche zweite Platz zuvor in Malaysia konnte seine Laune nicht bessern.

Die Münchner schienen nach den erreichten Zwischenetappen Podestplatz 2007 und Sieg 2008 in ihrem Dreijahresplan auf einem guten Weg, doch nach dem schlechten Beginn des Jahres mit nur vier Punkten bleibt nicht viel mehr als das Prinzip Hoffnung. Das Auto ist einfach zu langsam.

"Wir sind mit dem Saisonauftakt nicht zufrieden, aber wir werden nach dem dritten von 17 Rennen nicht unsere Saisonziele aufgeben. Wir müssen die Fragezeichen auflösen und unser Auto verstehen", sagt BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen tapfer. Er schloss aus, dass man den WM-Titel 2009 vorzeitig abschreiben und sich frühzeitig auf nächstes Jahr konzentrieren werde: "Wir geben weiter Gas und müssen jetzt eben Riesenschritte machen. Der Rückstand ist aufholbar."

Trotz aller Durchhalteparolen scheinen die Nerven im Team blank zu liegen. In China leisteten sich beide Fahrer in der Qualifikation Fehler und fielen im Rennen nur durch (bei Heidfeld unverschuldet) Unfälle auf. Kubica hatte Riesenglück, dass er nach seinem Aufprall ins Heck samt nachfolgendem Flug auf das Auto von Toyota-Mann Jarno Trulli (Italien) unverletzt blieb. Auf seinem Heckflügel stand dabei "Active Hybrid" - obwohl das Energie-Rückgewinnungssystem KERS nach einem Test am Freitag aus seinem Auto ausgebaut worden war.

Die auch von Heidfeld wegen der Gewichtsprobleme nicht mehr geliebten Zusatz-PS bringen längst nicht so viel wie erhofft - dazu kommt das Problem mit dem im Gegensatz zu WM-Spitzenreiter Brawn fehlenden Doppel-Diffusor.

Kubica forderte für das Rennen am Sonntag in Bahrain ultimativ neue Teile. Obwohl die Konkurrenten McLaren-Mercedes und Renault schon in China mit einer Diffusor-Lösung einen Schritt nach vorn machten, kann ihm Theissen jedoch keine Hoffnungen machen: "Ein großes neues Paket kommt erst beim Europa-Auftakt am 10. Mai in Barcelona."

Der Motorsportdirektor setzt in der "für die Fans sehr spannenden Saison" darauf, dass es wie schon in Shanghai unerwartete Verschiebungen des Kräfteverhältnisses gibt. Etwas Trost vermittelt der Fakt, dass in Ferrari und McLaren-Mercedes auch die anderen großen Teams massive Probleme haben.

Schumi will Saison schon abhaken

"Disastro!" Drei Rennen, drei Desaster - Nach Ferraris schlechtestem Formel 1-Saisonstart seit 28 Jahren beklagt Italien den Absturz seines vergötterten Traditionsrennstalls. "Wo sind die Weltmeister? Was ist nur bei Ferrari los?", fragte die entsetzte 'La Repubblica' am Tag nach dem GP von China. Nach der erneuten Doppelpleite in Schanghai verkommt die ruhmreiche Scuderia als WM-Schlusslicht mit null Punkten zur Lachnummer der Königsklasse.

"Da muss man sich dann schon fragen, inwiefern es Sinn macht, die Saison abzuhaken und sich schon auf das nächste Jahr zu konzentrieren", meinte Ferrari-Berater Michael Schumacher angesichts des deutlichen Rückstands zu den Rivalen. 'Il Cavalino rampante' lahmt. Der rote Rennwagen mit dem springenden Pferd auf der Kühlerhaube ist langsam und unzuverlässig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Vize-Weltmeister Felipe Masse musste seinen Boliden in Shanghai nach einem Defekt vorzeitig abstellen. Teamkollege Kimi Räikkönen schlich als Zehnter ins Ziel. Im Ferrari- Werk läuten die Alarmglocken.

Wie reagiert di Montezemolo

"Jetzt dürfen wir nicht in Panik verfallen", mahnte Teamchef Stefano Domenicali. Ruhe bewahren und weiterarbeiten, lautet sein Motto. Zumindest bis zur traditionellen Dienstagsitzung in Maranello, bei der Domenicali & Co. ein Donnerwetter von Fiat- und Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo zu erwarten haben. Der Ferrari-Boss hatte schon vor dem China-Rennen Klartext gesprochen: "Ich will nicht, dass sich Ferrari bei jedem zur Komödiantentruppe macht!". Zum letzten Treffen brachte di Montezemolo den verdutzten Ferrari-Ingenieuren dann eine Mönchskutte mit - als Symbol für eine menschliche und gelassene Zusammenarbeit, auch in dieser schwierigen Situation.


Sein anstehender Besuch dürfte weniger väterliche Züge haben. Nicht wenige erwarten eher eine Inquisition. Piloten und Techniker stehen in der Kritik, in Maranello läuft das Ultimatum: Schafft Ferrari in Bahrain und Spanien kein Comeback, wird dieses WM-Jahr abgeschrieben. Doch Domenicali will die Saison noch nicht verloren geben. "Nach drei Rennen mit null Punkten dazustehen, tut weh. Aber wir haben einen Plan", sagte der Teamchef. In Bahrain soll das Energie-Rückgewinnungssystem KERS Ferrari wieder heranbringen, am 10. Mai in Spanien will man dann mit dem eiligst nachgerüsteten Doppel-Diffusor wieder konkurrenzfähig sein.

Tifosi schreiben Räikkönen ab

"Wir wissen, was zu tun ist", sagte Räikkönen. Den weiterhin enttäuschenden Finnen aber haben die Tifosi längst aufgegeben. "Sein Feuer ist erloschen", urteilte die 'La Gazzetta dello Sport'. Einziger Hoffnungsträger bleibt so Massa, der in Shanghai bis zum Ausfall seines Autos grandios aufgeholt hatte. "Wir werden es schaffen", beruhigte der Brasilianer die Fans. Wenn nicht, wird es in Maranello weitere personelle Konsequenzen geben.

Erstes "Bauernopfer" vor Shanghai war Luca Baldisserri: Der Teammanager musste zu Hause bleiben, um sich um die Weiterentwicklung des F60 zu kümmern. Ob dies wirklich eine Strafe war? Zumindest musste er so die dritte Nullnummer nicht persönlich miterleben.

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