20.04.2009 10:00 Frauen-Nationalmannschaft DFB.DE GESPRÄCH DER WOCHE
Niersbach: Rekordkulisse ein Ausrufezeichen für 2011
Deutschland gegen Brasilien – schon beim Karten-Vorverkauf für diesen am Mittwoch (ab 18.15 Uhr, live im ZDF) in Frankfurt stattfindenden Länderspiel-Klassikers im Frauenfußball wurde der Zuschauerrekord für Frauenfußballspiele in Europa, aufgestellt mit 29.093 Besuchern beim Eröffnungsspiel der EM 2005 in Manchester, deutlich übertroffen.
Den insgeheim erhofften, die eigenen Erwartungen dennoch übersteigenden Ansturm des Publikums in die Frankfurter Commerzbank-Arena sieht Wolfgang Niersbach neben der hohen sportlichen Attraktivität der beiden Teams in PR- und Werbemaßnahmen begründet, wie sie der DFB noch nie für ein Frauen-Länderspiel getätigt hat. Aktivitäten, die der DFB-Generalsekretär für maßgebend und richtungweisend hält mit Blick auf die WM-Turniere der U 20-Frauen im nächsten Jahr und vor allem auf das große Weltfestival des Frauenfußballs 2011 in Deutschland.
Im DFB.de-Gespräch der Woche mit DFB-Redakteur Wolfgang Tobien verweist Wolfgang Niersbach zudem auf den deutlich verbesserten wirtschaftlichen Aspekt, der mit dem Brasilien-Spiel einhergeht und fortschreitet – und an dem das deutsche Frauen-Nationalteam beteiligt wird. Daneben sieht er in dem Boom um das bevorstehende Länderspiel in Frankfurt einen „absoluten Mutmacher“ für die weitere Emanzipation des Frauenfußballs, vor allem für die erstmalige Ausrichtung eines eigenständigen DFB-Pokalendspiels der Frauen im Jahr 2010.
Frage: Deutschland gegen Brasilien ist am Mittwoch in Frankfurt das Spiel des Jahres. Der anvisierte neue Zuschauer-Europarekord für Frauen-Länderspiele wird nicht nur erreicht, sondern weit übertroffen. Haben Sie wirklich mit dieser fantastischen Resonanz von mehr als 40.000 Zuschauern gerechnet?
Wolfgang Niersbach: Darauf gehofft und davon geträumt haben wir. Es war uns aber zunächst auch etwas mulmig, als wir den Schritt gewagt haben, erstmals mit einem Länderspiel unserer Frauen-Nationalmannschaft in ein so großes Stadion zu gehen. Inzwischen sehen wir uns jedoch in unserem Optimismus bestätigt und werten diese Euphorie des Publikums rund um das Brasilien-Spiel als Mut machendes Ausrufezeichen Richtung 2011.
Frage: Worauf führen Sie den Ansturm der Fans auf dieses Freundschaftsspiel zurück?
Niersbach: Sicherlich kommt am Mittwoch keiner ins Stadion, weil er annimmt, hier würden die Männerteams von Deutschland und Brasilien spielen. Nein, diese Begegnung ist inzwischen auch bei den Frauen ein Länderspiel-Klassiker. Beide Nationalteams besitzen eine hohe Attraktivität mit dem fantastischen WM-Endspiel 2007 als Markenzeichen. Hinzu kommen Werbe- und Ticketing-Aktionen, wie wir sie beim DFB meines Wissens noch nie inszeniert haben und die richtungsweisend sein werden für die beiden WM-Turniere 2010 und 2011 bei uns in Deutschland.
Frage: Welches Signal geht also von diesem Spiel und dieser Kulisse für die in zwei Jahren stattfindende erste Frauenfußball-WM in Deutschland aus?
Niersbach: Wir wollen nicht von einer Wiederholung des Sommermärchens von 2006 sprechen. Doch wir sind jetzt noch zuversichtlicher, dass dieses Gefühl für eine neue Sommerparty sich verstärkt, für ein Sommerfestival diesmal mit den weltbesten Fußballfrauen im Mittelpunkt. Wir sind dabei, die Vorfreude auf 2011 zu wecken und zu schüren und haben jetzt den Beweis, dass so große Kulissen auch im Frauenfußball möglich sind. Spätestens beim Eröffnungsspiel 2011 in Berlin wollen wir die Steigerung erleben und in einem ausverkauften Olympiastadion mit 74.000 Zuschauern abermals für einen neuen europäischen Zuschauerrekord sorgen. Spätestens dann!
Frage: Stößt der DFB beim Länderspielhit in der Frankfurter Commerzbank Arena nicht nur atmosphärisch, sondern auch finanziell in eine völlig neue Größenordnung vor?
Niersbach: Man sollte in der Tat den wirtschaftlichen Aspekt dieser großartigen Veranstaltung nicht vernachlässigen. Wir werden die höchste Einnahme erzielen, die wir je bei einem Frauen-Länderspiel hatten. Zu den Ticket-Erträgen kommen ein beachtliches Fernseh-Honorar und der Erlös aus der Bandenwerbung hinzu. Und auch der Hospitality-Bereich war mit dem Verkauf von fast 300 Paketen so lukrativ wie nie zuvor. In diesen Gesamtkomplex gehört aber auch der Hinweis, dass der Frauen- und Mädchenfußball über viele Jahre vom DFB finanziert worden ist. Umso erfreulicher ist es, dass sich nach über 30 Jahren kontinuierlicher und konsequenter Investitionen des DFB in die Entwicklung des leistungsorientierten Frauenfußballs nach den sportlichen Erfolgen nun auch deutliche wirtschaftliche Fortschritte zeigen.
Frage: Kann sich auch das Frauen-Nationalteam über diese wirtschaftlich so ertragreiche neue Situation freuen?
Niersbach: Es gibt die klare Ankündigung des DFB, dass wir die Mannschaft an den Marketing-Einnahmen beteiligen wollen. Diesen Schritt haben wir 1990 bei den Männern getan, als wir mit Mercedes Benz erstmals einen Generalsponsor gewonnen haben. Den vollziehen wir jetzt erneut, weil das Frauen-Nationalteam wegen seiner Popularität und Attraktivität eigene Marketing-Abschlüsse ermöglicht.
Frage: Ergeben sich aus den jetzt gemachten Erfahrungen weitere Erkenntnisse für den im Herbst startenden Kartenvorverkauf für die FIFA Frauen-WM 2011?
Niersbach: Gerade im Hinblick auf die offensichtlich erfolgreichen Werbe- und PR-Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Brasilien-Spiel werden wir für 2011 viel offensiver agieren als 2006. Damals bestand gar nicht die Notwendigkeit zu solchen Aktionen, weil wir ja allein schon während der ersten Verkaufsphase rund 30 Millionen Bestellungen aus aller Welt hatten. Wir sind sehr gespannt, wie die Städteserien angenommen werden, deren Fehlen 2006 viele Fans beklagt hatten. Mit diesen Paketen werden wir jetzt den Kartenvorverkauf im November dieses Jahres eröffnen.
Frage: Welche Erwartungen haben Sie aus dem so überaus positiven Anklang beim Publikum nunmehr für die U 20-Frauen-WM im nächsten Jahr in Deutschland?
Niersbach: Realistisch muss man dieses Turnier eine Stufe tiefer ansiedeln, eben so wie eine Junioren-Veranstaltung. Wir haben aber Chile mit der letzten U 20-Frauen-WM vor Augen, als mit einer äußerst beachtlichen Zuschauer-Resonanz die Messlatte sehr hoch gelegt wurde. Dieser Herausforderung stellen wir uns und wollen zumindest den gleichen guten Rahmen bei uns ermöglichen.
Frage: Im nächsten Jahr wird das DFB-Pokalfinale der Frauen erstmals von dem der Männer losgekoppelt und als eigenständige Veranstaltung durchgeführt. Ist auch hierfür der Zuschauerrekord beim Länderspiel gegen Brasilien ein Mutmacher?
Niersbach: Ein absoluter Mutmacher! Auch ich persönlich bin der Meinung, dass es für die Frauenteams, die sich fürs Pokalendspiel qualifiziert haben, nicht gerade ein Ansporn war und künftig nicht länger zumutbar sein sollte, dass beim Anpfiff nur 3000 oder 5000 Zuschauer im Olympiastadion waren oder wären. Der Frauenfußball hat es verdient, gerade beim DFB-Pokalfinale eine eigenständige und toporganisierte Veranstaltung zu bekommen.
Frage: Der DFB sucht über eine bundesweite Ausschreibung den Veranstalter für dieses DFB-Pokalendspiel der Frauen. Wäre die Frankfurter Commerzbank-Arena nach den jetzt und unter anderem auch beim letztjährigen UEFA-Cup-Finale gemachten, höchst positiven Erfahrungen nicht ein geeigneter Ort?
Niersbach: Hierbei verhalten wir uns ganz neutral. Es ist super, wie viele Städte mittlerweile ihr Interesse hinterlegt haben. Die Frist läuft ja noch bis Ende April, und wir sind sehr gespannt. Klar ist aber bereits, dass das Frauen-Endspiel 2010 am selben Tag wie das Männer-Finale stattfindet. Wir erfüllen damit eine Bitte der Fernsehanstalten, die die beiden Pokalendspiele weiterhin in einem Block als attraktives Angebot in ihrem Programm anbieten wollen.
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